Hauptbereich
Klimamythen • Teil 2
Fortsetzung Informationsreihe
Stromimporte
Klimawandel und Klimaschutz haben tiefgreifende Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und sind daher kontrovers diskutierte Themen. Immer wieder tauchen dabei Argumente auf, die einen wahren Kern haben, aber durch Auslassung des Kontextes die Tatsachen verzerren. Diese Informationsreihe möchte durch Ergänzung ausgelassener Fakten einige populäre Mythen aufklären.
Um die vermeintliche Absurdität der Energiewende im Stromsektor und insbesondere des Ausstiegs aus der Kernkraft herauszustellen, wird immer wieder auf die umfangreichen Stromimporte der deutschen Volkswirtschaft hingewiesen. Deutschland gebe die sichere Versorgung durch fossile und nukleare Energieträger auf und werde gegenüber den Nachbarländern, die selbst zumeist fossil und nuklear produzierten, zum „Strombettler“, so die Argumentation vieler Energiewendeskeptiker.
Doch was steckt hinter dieser Behauptung?
Tatsächlich ist Deutschland als Teil des europäischen Stromverbundsystems ein großer Stromimporteur. Im Jahr 2023 wurden insgesamt 69,3 TWh kommerziell importiert, die größten Verkäufer waren Dänemark (15,5 TWh) und Frankreich (12,4 TWh). Gerade wegen der intensiven Stromhandelsbeziehungen mit Frankreich betrachten die Gegner des deutschen Atomausstiegs es als absurd, Atomkraftwerke in Deutschland stillzulegen und stattdessen Atomstrom aus französischen Kraftwerken zu beziehen.
Der Import von Waren, zu denen auch Strom gehört, hat jedoch nichts mit Bettelei zu tun. Die reinen Produktionskosten von erneuerbarem Strom liegen deutlich unter jenen der konventionell gewonnenen Elektrizität. Da der Anteil von Grünstrom im europäischen Verbundsystem derzeit sehr hoch ist, ist der Import schlicht billiger als die Eigenerzeugung aus Kohle oder Gas. Der Anteil der Atomenergie war mit 6,4 % im letzten ganzen Jahr (2022) ohnehin so gering, dass die finale Abschaltung keine signifikanten Auswirkungen mehr hat.
Auch die Erzeugung des importierten Stroms ist besser als ihr Ruf. 2023 stammten etwa 53 % des importierten Stroms aus der Schweiz, Österreich, Dänemark, Norwegen und Schweden, also Ländern, in denen die Stromproduktion überwiegend regenerativ stattfindet. Importe aus hauptsächlich fossil produzierenden Ländern (Niederlande, Polen, Tschechien) machten 22 %, Importe aus hauptsächlich nuklear produzierenden Ländern (Frankreich, Belgien) 25 % aus.
Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass Deutschland nicht nur Stromimporteur, sondern auch bedeutender Exporteur ist. Erstmals seit 20 Jahren wurde im Jahr 2023 wieder mehr Strom importiert als exportiert, der Importüberschuss betrug 8,6 TWh. In den zwei Jahrzehnten davor bestand stets ein Exportüberschuss von durchschnittlich knapp 24 TWh, jedoch mit starken Schwankungen zwischen den Jahren. Eine negative Korrelation zwischen Grünstromanteil und Exportmenge ist nicht festzustellen.
Deutschland ist also keineswegs ein „Strombettler“, sondern vielmehr Mitglied eines funktionierenden europäischen Verbundsystems, das Strom bezieht und zur Verfügung stellt – in zunehmendem Maße aus klimafreundlichen Quellen.
Weitere Informationen finden Sie unter: