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Gemeinde Weingarten (Baden)

Möchten Sie Maria für eine Nacht beherbergen?

Artikel vom 03.12.2020

Katholische Kirchengemeinde lässt den Brauch des Marientragens wieder aufleben

Wie kann die Adventszeit in diesem besonderen Jahr, in Zeiten, in denen zwischenmenschliche Begegnung und Kommunikation weitgehend eingeschränkt sind, dennoch einen besonderen Akzent erfahren? Diese Überlegungen stellte das Gemeindeteam der katholischen Kirchengemeinde Stutensee-Weingarten an und Monika Kaufmann fand eine Idee. Familien könnten zwar nicht zusammenkommen, aber man könnte sie auf eine besondere Weise miteinander verbinden.

Die Herbergssuche gehört ebenso zu Weihnachten wie die Krippe
Bei ihrer Recherche stieß Kaufmann auf einen Brauch aus dem Hochmittelalter, der in einigen Gemeinden Bayerns und Österreichs wieder aktualisiert wurde: Das Frauentragen oder Marientragen. Dazu wird eine Figur, die eine schwangere Maria darstellt, eine Nachbildung des Bogenberger Gnadenbildes, von einer Familie zur anderen weitergereicht. „Das macht die Herbergssuche erlebbar“ argumentiert Kaufmann. Ihrer Meinung nach gehöre die Herbergssuche der Schwangeren ebenso zu Weihnachten, werde aber nie so thematisiert wie das geborene Kind in der Krippe. Aber die Mühsal der Frau, in solchem Zustand mehrfach abgewiesen zu werden, sei bemerkenswert und könnte darum auch einmal in den Fokus gerückt werden. Pfarrer Jens Maierhof war einverstanden: „Die Gottesmutter Maria steht als Symbol für alle Frauen und Familien, die in Not und Bedrängnis sind und eine Bleibe suchen – einen Ort an dem sie willkommen sind und eine Zukunft haben. Dasselbe ist auch auf die Geflüchteten anwendbar“, sagte er.  

Maria darf jede Nacht woanders wohnen
Die etwa 30 Zentimeter große und sehr schlicht und ansprechend gestaltete Holzfigur mit deutlichem Babybauch ist über das Bistum Regensburg erhältlich und wird in einem Schrein angeliefert. In diesem Schrein wird sie auch weitergetragen und den Nachbarn vor die Tür gestellt. Ein mitgeliefertes Begleitheft enthält Vorschläge für Andachten und Impulse zur individuellen Gestaltung einer Andacht, die jede Familie für sich entscheiden kann. „Wir geben Maria eine Herberge und damit letztendlich auch Gott“, erklärt Maierhof. Der spirituelle Hintergrund sei, dass derjenige, der Maria beherbergt, öffnet sich und wendet sich zu Gott hin. Er lässt sich auf ein großes Wagnis ein, nicht wissend was Gott mit ihm vorhat. Er erinnerte an den Engel des Herrn, welcher sprach zu Maria: „Bei Gott ist kein Ding unmöglich.“ Und Maria hatte geantwortet: Siehe, ich bin des Herrn Magd, mir geschehe, wie Du gesagt hast. Marias Schwangerschaft, ohne dass sie von einem Mann wusste, sei ein Zeichen für die ungeahnten Möglichkeiten, die Gott für uns Menschen bereithalte. Es sei ein hoffnungsvoller Gedanke, dass Gott uns nicht nur durch diese sondern auch alle weiteren Krisen führe. Somit sei die kleine Figur ein Symbol der Hoffnung, denn Gott könne Ungeahntes möglich machen. Advent sei die Zeit der Entscheidung, in der der Mensch wach sein solle für Gott und für sich selbst. Es sei eine Chance, sich auf Gott einzulassen.

Soll Maria auch zu Ihnen kommen?
Pfarrsekretärin Anni Beha erhielt den Auftrag, diejenigen, die sich als bereitwillige Herbergsgeber für einen Tag im Pfarrbüro meldeten, aufzulisten und die Reihenfolge der Adressen zu koordinieren. Bereits am ersten Tag nach Bekanntgabe waren es zehn Anmeldungen. Sie und ihr Mann Klaus waren die ersten, die die Figur in Empfang nahmen. Wer Interesse hat, die Figur einen Tag in seiner Familie zu beherbergen, kann sich im Pfarrbüro unter der Nummer (07244) 2229 melden.

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