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Gemeinde Weingarten (Baden)

Auf den Spuren der Vergangenheit

Artikel vom 29.09.2022

Nachlese Neubürgerführung am 23.09.2022

Aus der ehemaligen Neubürgerführung wurde die Historische Ortsführung. Die jüngste Auflage dieses beliebten Events, das der Bürger- und Heimatverein mit Klaus Geggus in Kooperation mit der Volkshochschule Weingarten, vertreten durch Achim Schäfer, sowie der Gemeinde Weingarten veranstaltet, war erneut sehr gut besucht. Der Vorsitzende des Vereins, Wolfgang Wehowsky, begrüßte die Gäste in seiner Funktion als stellvertretender Bürgermeister, an seiner Seite war Weinprinzessin Cristina, die die Tour ein Stück weit begleitete.

Von der Steinzeit bis zur Bachverdolung

Der historische Spaziergang begann am Rathausplatz mit einer Kurzeinführung in die Ur- und Frühgeschichte Weingartens, die bis in die Steinzeit zurückreichte, was Funde von Feuersteinmessern belegen. In der Bronzezeit zwischen 1500 und 500 v. Chr. entstanden im Gewann Dörnig über 100 Hügelgräber. Die meisten befänden sich in dem Waldstück zwischen dem Hochregallager und der Autobahn, meinte Achim Schäfer, aber eigentlich sei nichts mehr zu sehen. Weiter schritt die Gruppe bis zur Hartmannsbrücke, wo Schäfer über die Verdolung des Walzbachs und die damit zusammenhängende Gründung des Bürger- und Heimatvereins berichtete. Der Blick von der Hartmannsbrücke fiel auf den Fränkischen Hof, eines der ältesten Fachwerkhäuser Weingartens. Herr Trauboth erlaubte eine Besichtigung und Klaus Geggus erklärte die Fränkische Bauweise mit Haupthaus, Nebengebäude und Gesindehaus.

Zwiebackfabrik, Amtskeller und Gasthäuser

Die Lepp-Passage wurde nach Friedrich Lepp benannt, der hier seine Zwiebackfabrik hatte und mit seinem berühmten Vanillezwieback Hoflieferant des Großherzogs in Karlsruhe wurde. Im Schokoladenlädchen ist heute noch der originale Mosaikfußboden erhalten. Die Gründung Weingartens erfolgte um 750 durch die Weißenburger Mönche, die in Wingarten ultra rhenum die ersten Reben auf dem Petersberg pflanzten und die Weinfässer im Gewölbekeller unter der Grundschule lagerten. Weingarten war eine Enklave der Kurpfalz und so Klaus Geggus berichtete vom Zehnten, der an den Kurfürsten abgeliefert und mit Ochsenkarren nach Heidelberg gebracht werden musste. Im Anschluss ging es Stufen hinunter in den aufgrund der dort eingebauten Heizzentrale und der unzureichenden Lüftung überraschend warmen Gewölbekeller. Die nächste Station war der Treppenabsatz der Evangelischen Kirche. Von hier hatten die Teilnehmer einen guten Überblick auf die Bundesstraße. In ihrer Funktion als Geleitstraße von Durlach nach Heidelberg war sie eine für damalige Verhältnisse stark befahrene Straße. Dementsprechend reihten sich hier ein Gasthaus neben das andere, manche mit Beherbergungsbetrieb und Remisen. Die Krone war die Postkutschenstation, an der die Pferde gewechselt wurden und der ehemalige Gailbumber war die Pferdetränke. Weingarten hatte um 1600 rund 2000 Einwohner und war ein Marktflecken. Leider hatte es keine Stadtmauer, aber dafür einen Wartturm mit Sturmglocke. Geggus berichtete von den schrecklichen Kriegen, die Weingarten stark dezimiert hatten. Zuerst der 30jährige Krieg, dann der französische Erbfolgekrieg, wonach Weingarten nach dem Jahr 1701 nur noch 28 Einwohner hatte. Auf eine Verfügung des Kurfürsten wurden Schweizer Einwanderer geholt, die das Land wieder auf die Beine brachten. Heute noch weisen viele Namen der Einheimischen auf schweizerische Wurzeln hin.

Anekdoten und Fotografien

Klaus Geggus brachte etliche Anekdötchen ein, passend zu jeder Station trug er vor. Achim Schäfer ergänzte den Vortrag ganz hervorragend, indem er auf dem Tablet stets ein passendes Bild aus der Vergangenheit präsentierte. So geriet der Rundgang nicht nur sehr lehrreich, auch für die Weingartner selbst - und das waren die meisten -, sondern auch unterhaltsam und kurzweilig.

Von Wein und Ökumene

Zwischen den beiden Kirchen in der Kirchstraße erzählten die beiden Kenner vom Bombardement am Karfreitag 1945, von der guten ökumenischen Zusammenarbeit der beiden Kirchen, die niemals nachgelassen hatte und heute stark spürbar sei. Sie erzählten vom Deutschritterorden, dessen Wappen am evangelischen Pfarrhaus angebracht ist und gingen weiter zur Gedenktafel an die Zerstörung der jüdischen Synagoge, die an dieser Stelle gestanden hatte. Ungefähr 170 jüdische Mitbürger hatten in Weingarten gelebt, einige wenige gebe es noch, sie seien der jüdischen Kirchengemeinde in Karlsruhe zugeordnet.

Die Tour führte weiter Richtung Kirchberg an Matthias Görners Weinkeller vorbei, der soeben seine Weinlese beendet hatte. Die letzte Station war das Anwesen Krumes, das am Tag des Offenen Denkmals als Geburtshaus des päpstlichen Generals Hermann Kanzlers in die Öffentlichkeit getreten war. Danach ging es über das schmale steile Görner Wegle hinauf zum Winzerkeller, wo die Gruppe von Frank Gauss mit einem köstlichen Gläschen Weingartner Secco empfangen wurde.

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