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Gemeinde Weingarten (Baden)

„Der Weingartner Wald hat es derzeit schwer“

Artikel vom 27.06.2019
 

Beispiele der aktuellen Problematik

Seit Jahren weist Förster Michael Schmitt bei der jährlichen Waldbegehung den Gemeinderat auf die jeweils aktuellen Probleme hin. Insofern sind etliche der derzeitigen Zustände nicht neu, haben aber mittlerweile offenbar ein gravierendes Ausmaß erreicht. „Der Gemeindewald Weingarten hat es derzeit schwer“, sagt der Förster und nennt einige nahezu besorgniserregende Eckdaten dazu.

Das ganz große Schwungrad, das viele nachteilige Folgen in Gang setzt oder zumindest beschleunigt, ist der Klimawandel. Er bedingt eine Temperaturerwärmung einhergehend mit wenig Niederschlag. Die Folgen sind Trockenstress und Schädlingsbefall. Der Sommer 2018 mag extrem gewesen sein, aber es ist mittlerweile bekannt, dass die Extreme im Klima noch zunehmen werden.

Durch mehr Wärme beschleunigt sich die Entwicklung von Pilzen. Aggressive Schlauchpilze verursachen das Eschentriebsterben und mittlerweile beobachtet Schmitt auch wieder deutlich mehr absterbende Ulmen. Außerdem fördert Wärme die Ausbreitung von Schwammspinnern und Eichenprozessionsspinnern. Schwammspinnergelege sind leicht an ihrem Aussehen wie kleine Schwämme zu erkennen und vor allem an Buchen zu finden. Ihr Auftreten lässt erwarten, dass in den nächsten Jahren mit flächenweise kahlgefressenen Bäumen zu rechnen ist.

Das Maikäferproblem: In 2019 war ein Flugjahr. Scharenweise fallen die Maikäfer in Laubwälder ein und lassen stark befressene Baumkronen zurück. Die kahlgefressenen Flächen sind so groß, dass sie sogar beim Blick aus der Ferne auf den Katzenberg zu erkennen sind. Dennoch sei der Kahlfraß nicht das Schlimmste, sagen Schmitt und seine Kollegen aus der Hardt. Denn hätten die Bäume genügend Wasser, so könnten sie neu austreiben. Aber vor allem die Buchen leiden zusätzlich unter Trockenstress. Allerdings sind das Hauptproblem die Engerlinge. Die weiblichen Maikäfer legen ihre Eier in unterirdische Kammern ab. Hier schlüpfen die weißen Engerlinge und fressen mit Vorliebe und großem Hunger die Wurzeln der jungen Bäume. Die befallenen Bäume sterben ab, oftmals überleben nur einzelne Exemplare aus einer ganzen Kultur.

Auch das Auftreten von Borkenkäfern ist nicht neu. Durch Wassermangel jedoch, wie er jetzt schon über mehrere Jahre herrscht, können Bäume weniger Harz produzieren. Dadurch verlieren sie einen „Schutzmantel“ und die Käfer, die sich unter der Rinde einnisten, haben umso leichteres Spiel. Sie fressen unter der Rinde lange Gänge und schneiden den Bäumen den Saftstrom ab. Der Baum stirbt ab. Vor allem Fichten seien so stark befallen, sagt Schmitt, dass die Fichte mittelfristig im Weingartner Wald nicht mehr zu halten sei. Sie werde ihre Zukunft nur noch als „dienende Baumart“ finden, die in jungen Douglasienkulturen angepflanzt wird, damit sich der Wald schneller schließt und weniger Konkurrenzflora aufwächst. Die Fichte wächst in ihrer Jugend schneller als die Douglasie, wogegen Letztere in späteren Jahren deutlich trockenresistenter ist. Bereits in den letzten Jahren habe Schmitt dadurch immer wieder Doglasienkulturen angelegt, wie auf den Waldbegehungen zu hören war. Die Trockenheit macht auch den Kiefern zu schaffen und führt zu vermehrtem Absterben.

Aktuell werden Standortkartierungen durchgeführt. Sie sind ein wichtiges Werkzeug für den Förster, um der Klimaveränderung optimal zu begegnen, denn sie geben Aufschluss über die Bodenverhältnisse, die durch Probenentnahmen in einem engen Raster in bis zu 1,40 Meter Tiefe ermittelt und dokumentiert werden. So kann der Förster die für den jeweiligen Standort passenden Baumarten anpflanzen. Die letzten Standortskartierungen stammen aus den Anfang 1970er Jahren. 

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