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Bericht aus dem Verwaltungsausschuss vom 16.09.2025
Nachfolgend finden Sie den Bericht aus der vergangenen Sitzung, geordnet nach Tagesordnungspunkten.
- öffentlich bekannt gemacht am 25.09.2025 –
1. Windkraft in Weingarten (Baden) und Festlegung der Kriterien für eine Ausschreibung der gemeindeeigenen Flächen
Erneut ging es darum, welche Kriterien für die Entscheidung über eine Verpachtung eine Ausschreibung der gemeindeeigenen Flächen innerhalb des Vorranggebietes Windkraft enthalten sollte. Der Regionalverband hatte zwischenzeitlich eine neue Vorrangfläche ausschließlich auf Ackerflächen ausgewiesen. In der Julisitzung hatte das Gremium daher beschlossen, dazu einen Vertreter der Kommunalberatungsagentur endura kommunal, Falk Schünemann, zur Sitzung einzuladen, um die Entscheidungsfindung mit seiner Expertise zu unterstützen.
Falk Schünemann sprach klare Worte. „Die Windkraft wird kommen, ob Sie wollen oder nicht“. Seit 2021 führe die EnBW in dem 90 ha großen Windvorranggebiet Weingarten „Steigleitern“ Messungen durch und habe möglicherweise bereits zahlreiche Pachtverträge mit privaten Flächeneigentümern geschlossen. Wurde bereits ein Genehmigungsantrag gestellt? Wie viel Steuerung hat die Gemeinde noch? Das gelte es abzuklären.
Windräder bedürfen bestimmter Abstände zueinander, abhängig vom Rotordurchmesser. Bei den geplanten Modellen von 246 m Höhe seien dies Ellipsen von 700 m in der Hauptwindrichtung und 440 m senkrecht zur Windrichtung, erklärte der Experte. Auf einer interaktiven Präsentation zeigte er auf, dass es durchaus möglich sei, fünf Windräder oder mehr in der Vorrangfläche aufzustellen. Für Weingarten gehe es nicht mehr um das „Ob“ sondern um das „Wie“. Will die Kommune Einfluss haben oder bekommen ihn die privaten Eigentümer? „Kommunales Flächenpooling“ sei das Zauberwort, um das zu verhindern. Dazu sollen alle Eigentümer einbezogen werden. Es bringe den Eigentümern Mitbestimmung, Verteilungsgerechtigkeit und Rechtssicherheit. Dadurch seien Kontrolle und Steuerung durch die Kommune, Transparenz und Nachvollziehbarkeit für die Bürger und letztendlich der Frieden im Dorf gewahrt.
Ein Interessensbekundungsverfahren bringe der Gemeinde einen „Blumenstrauß“ an Realisierungsmöglichkeiten unter festgelegten Bedingungen. Diese Bedingungen sollten in einem Kriterienkatalog festgehalten werden. Allerdings warnte Schünemann, die Kriterien allzu eng und zu starr festzulegen. Beispielsweise sei das Ziel, eine Million Euro zu generieren, nicht realistisch. Oder die Verpflichtung des Interessenten, in Weingarten eine Projektgesellschaft zu gründen, sodass 100% der Gewerbesteuer in der Gemeinde verblieben, sei ebenfalls nicht ratsam, denn das könne dazu führen, dass nur wenige oder gar keine Angebote eingingen. Die Pachtzahlung solle als offene Frage gestellt werden. So ging Schünemann Schritt für Schritt alle zwölf bisher vorgeschlagenen Vergabekriterien durch und wies auf Schwachstellen hin.
Im nächsten Schritt gab er konkrete Handlungsempfehlungen für die richtige Strategie in drei möglichen Fallsituationen.
Fall 1: Die EnBW sei bereits im Genehmigungsverfahren. Dann sei ein Bürgerentscheid (BE) hinfällig, dann müsse man direkt in Vertragsverhandlungen, um die kommunalen Ziele zu sichern.
Fall 2: Die EnBW habe bereits Flächen gesichert, warte aber mit dem Genehmigungsantrag auf den Bürgerentscheid. Dann solle der BE sowie ein Interessenbekundungsverfahren oder direkte Verhandlungen durchgeführt werden.
Der günstigste Fall sei Fall 3, wenn die Flächensicherung vonseiten EnBW noch nicht fortgeschritten sei. Dann solle ein kommunales Flächenpooling durchgeführt werden, um die Steuerung über die Windparkplanung zu sichern. Im Fall 3 gestaltet sich die Abfolge der einzelnen Projektschritte wie folgt. Zunächst wird der Bürgerentscheid, danach das Interessensbekundungsverfahren und abschließend die Vertragsverhandlungen mit dem vorteilhaftesten Bieter durchgeführt.
Bürgermeister Eric Bänziger meinte hierzu, die Flächensicherung sei nur noch auf den neu dazugekommenen Flächen sinnvoll, damit Weingarten „Herr des Waldes“ bleibe. Auf Matthias Görners (FDP) Einwand, die Weingartner Gemarkung sei extrem kleinteilig, räumte Schünemann ein, „die baden-württembergische Realteilung sei tatsächlich ein Problem“, aber die EnBW habe Zugriff auf die Eigentümerdaten.
Damit war der Vortrag beendet und die Ausschussmitglieder nahmen ihn zur Kenntnis.
Timo Martin (WBB) meinte, die Gemeinde habe durch die langen Zeiträume der Diskussion schon viele Eigentümer verloren. Der Bürgerentscheid solle nicht nur auf „ja“ oder „nein“ reduziert werden, sondern man müsse der Bevölkerung die Folgen der Entscheidung deutlich machen. Wolfgang Wehowsky (SPD) meinte, vor einem Interessensbekundungsverfahren müsse auf jeden Fall ein Bürgerentscheid stehen. Bürgermeister Bänziger erklärte, es gäbe vorher eine Aufklärung und Informationen, so dass die Fragestellung einfach gehalten werden könne. Das Ziel wäre, über die im Eigentum der Gemeinde stehenden Flächen im Wald und im Offenland abstimmen zu lassen.
Der Klimaschutzbeauftragte Nicholas Schmitt hatte von fünf Gemeinden, die bereits einen solchen Entscheid durchgeführt hatten, um ihre Fragestellung gebeten und Muster erhalten. Bänziger meinte, das Muster der Stadt Kraichtal gefalle ihm am besten. Diese formulierte: „Soll die Verpachtung oder sonstige Überlassung von Flächen im Eigentum der Stadt Kraichtal an Windanlagenbetreiber/-investoren unterbleiben? Ja oder Nein.
Es erging folgender Beschluss:
Die Mitglieder des Verwaltungsausschusses nehmen den Vortrag der endura kommunal zur Kenntnis. Die Verwaltung wird beauftragt, die Frage für den Bürgerentscheid zu formulieren. Die geforderten Mindestvergabekriterien, welche eingefordert werden können, sollen benannt werden. In einem Entwurf für eine Begleitbroschüre sollen mit Unterstützung von endura kommunal alle Argumente pro und contra aufgeführt werden. Die Fraktionen erhalten die Möglichkeit, in der Begleitbroschüre ihre Stellungnahmen abzugeben. Der Gemeinderat wird die Entscheidung treffen.
Die Mitglieder des Verwaltungsausschusses stimmten diesem Beschlussvorschlag einstimmig zu.
Die entsprechende Sitzung des Gemeinderates ist am 20. Oktober 2025.