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Bericht aus dem Gemeinderat vom 16.11.2024 - Haushaltsklausur
Nachfolgend finden Sie den Bericht aus der vergangenen Sitzung - Klausurtagung Haushalt 2025
Am vergangenen Samstag hatte der Gemeinderat in der sogenannten „Klausurtagung“ die Eckdaten besprochen, wie der Haushaltsplan für das Jahr 2025 aussehen könnte. Es wurden keine Beschlüsse gefasst, sondern das Zahlenwerk der Kämmerei zur Kenntnis genommen.
Die Zukunft ist nicht rosig: Einleitende Worte des Bürgermeisters
Hat Weingarten genügend Geld zur Verfügung, um alle seine Vorhaben verwirklichen zu können? Was ist unverzichtbar, woran könnte man sparen und welche Positionen hat die Gemeinde gar nicht selbst in der Hand?
Bürgermeister Eric Bänziger begann mit dem düsteren Bild, das Landrat Christoph Schnaudigel am Tag zuvor in den BNN gezeichnet hatte: „Die Kreishaushalte und damit auch die Haushalte der Städte und Gemeinden befinden sich im freien Fall“. Das strukturelle Problem liegt darin, dass sie mit 14 Prozent der Steuereinnahmen vom Bund 25 Prozent der Ausgaben schultern. Also muss sich der Kreis Geld von den Kommunen holen. Die Kreisumlage soll, so der BNN-Bericht, um 34 Millionen Euro steigen. Für Weingarten bedeutet das eine Steigerung auf 1,8 Millionen Euro. „Dafür haben wir keine Ressourcen“, sagte Bänziger. Seit 13 Jahren werde die Staatsquote erhöht, also immer mehr Aufgaben der kommunalen Ebene aufgebürdet. Gleichzeitig steigen die Kosten für Kinderbetreuung und es gibt eine weitere Steigerung der Soziallasten. Diese Belastungen können durch Mehreinnahmen nicht aufgefangen werden. Es gehe heute darum, für anstehende Probleme Lösungen zu finden, was letztlich einen Wohlstandsverlust für die Bürgerinnen und Bürger bedeute. Damit gab er das Wort an die Kämmerei.
Detaildarstellung durch den Kämmerer
Der Leiter der Finanzabteilung Michael V. Schneider und sein Stellvertreter Frederic Rabung hatten eine Präsentation vorbereitet. Jeder Fachbereich habe seinen Mittelbedarf angemeldet. Sein Fachbereich habe die Anmeldungen auf „realistisch“ geprüft und in den konsumtiven und investiven Bereich eingeordnet. Das Ziel heute sei, einen Überblick über die Investitionen einerseits den Kernhaushalt und die Eigenbetriebe Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung andererseits zu geben
Investitionen im Tiefbau (Straßenbau)
Zahlreiche Investitionsprojekte erhalten Fördergelder von Bund und Land. Aber nicht alle.
Die Burgstraße erfordert in den Jahren 2025 und 2026 zusammengenommen und unter Abzug von Fördergeldern aus dem Landessanierungsprogramm einen Betrag von 1,833.600 Euro allein an Straßenflächen, Beleuchtung und Breitband. Für Wasserleitung und Hausanschlüsse entfallen weitere 550.000 Euro auf den Eigenbetrieb Wasserversorgung und die Kanalisation erfordert weitere 2,5 Mio. Euro im Eigenbetrieb Abwasserbeseitigung. Nach diesem Schema ging es weiter mit, Steigweg und den Seitenstraßen der Jöhlinger Straße Schafstraße, Blumenstraße, Hebel- und Engelstraße und Brunnenstraße.
Kein Förderprogramm gibt es für Investitionen im Tiefbau im Baugebiet Kirchberg-Mittelweg Teil 1 (Durlacher Straße). Hier benötigt die Gemeinde Verkaufserlöse und erwartet für 2025 und 2026 zusammen 4,45 Mio. Euro Einnahmen.
In Kirchberg-MittelwegTeil 2 (Mittelweg, Eisbergweg und Am Petersberg) werden die Ausgaben noch durch Stützwände und Brückenbauwerk erhöht, andererseits rechnet die Gemeinde hier in 2026 und 2027 mit Einnahmen aus Erschließungsbeiträgen der privaten Grundstücksbesitzer in Höhe von knapp 9 Mio. Euro sowie 1,6 Mio. Euro Verkaufserlösen für eigene Grundstücke.
Das nächste Großprojekt ist das Gewerbegebiet Sandfeld. Hier schlagen vor allem Kanalisation und Entwässerung mit 4,4 Mio. Euro in den Jahren 2025 bis 2027 zu Buche.
Die Investitionsquote: rote und grüne Punkte
Wieviele der Vorhaben wurden im Jahr 2024 tatsächlich umgesetzt? Aufschluss darüber geben die „Wie hoch war die Investitionsquote“? Im Bereich Wasserversorgung betrug diese Quote 22 %, im Bereich Abwasserbeseitigung nur 8 %. Die Investitionen im Kernhaushalt stellte der Kämmerer in 22 Bereiche, sogenannte „Kacheln“ dar. Darunter fallen beispielsweise Straßenbau, Schule, das Walzbachbad, der Hochwasserschutz, der Friedhof und viele andere mehr. Bei den meisten zeigte die Kachel einen roten Punkt, das bedeutet, hier blieb die Investitionsquote weit hinter den gesteckten Zielen zurück. Gelbe und grüne Punkte gab es nur im Bereich Bauhof und für die Fernwärmeversorgung. In Summe lag die Investitionsquote bis Oktober 2024 im Kernhaushalt bei 35 Prozent.
Was ist in 2025/2026 zu erwarten?
Die Wasserversorgung
Für die Wasserversorgung muss die Carix-Anlage saniert und erweitert werden. Der Hochbehälter auf dem Kirchberg soll erneuert und ein weiterer Hochbehälter für Sohl und Sallenbusch errichtet werden. Das bedeutet einen Invest für die Gemeinde von 13,5 Mio. Euro gestreckt auf 3 Jahre. Das werde sich auf jeden Fall in Form von steigenden Wassergebühren auswirken. Die Abwassergebühren betragen derzeit 2,96 Euro/m³; Schmutzwasser und 0,59 Euro/m² versiegelte Fläche Regenwasser. Diese Gebühren werden sich voraussichtlich nicht erhöhen.
Der Kernhaushalt 2025/2026
Für den Kernhaushalt hatte Herr Schneider 22 Bereiche auf Kacheln dargestellt. Darunter sind Großprojekte, die mehrere Millionen Euro umfassen und „kleinere“, für die der sechsstellige Bereich ausreicht.
Die Großinvestitionen
2,5 Mio. Euro sind allein an Planungsleistungen sowie die Projektsteuerung für die Schule vorgesehen. Das fand Gerhard Fritscher (CDU) viel zu hoch. Bürgermeister Bänziger erklärte: Der Projektsteuerer solle zunächst Flächen, Kosten und Zuschüsse im Gesamten betrachten und zueinander in Bezug setzen. Denn das Land fördere nur neue Flächen gegenüber dem Bestand. Danach gebe es realistischere Zahlen.
Weitere Großausgaben seien der Straßenbau und die Feuerwehr. Die Einnahmen aus den Baugebieten Kirchberg-Mittelweg, Durlacher Straße und Sandfeld für 2025 seien Planzahlen, sagte Michael V. Schneider. Darum sei für diese Zeit eine hohe Liquidität erforderlich. Das veranlasste Timo Martin (WBB) zu der Frage, was passiere, wenn diese Einnahmen nicht zu erzielen seien? Dazu war die Antwort des Bürgermeisters eher vage. Die Gemeinde plane immer mehr Projekte, als am Ende verwirklicht werden können, da auch andere Behörden am Ende beteiligt seien. Einnahmen und Ausgaben insgesamt müssten im Verhältnis zueinander passen.
Die Meinung der Gemeinderatsmitglieder
Gerhard Fritscher (CDU) sah langfristig „Schulden in zweistelliger Millionenhöhe“ auf den Gemeindehaushalt zukommen. Ob es unter den Projekten Ansätze für eine Verschiebung gäbe? Der Bürgermeister erwiderte, die meisten Projekte seien an Förderungen gebunden und diese Fristen müssten eingehalten werden, sonst gingen beispielsweise Sanierungsmittel verloren. Matthias Görner (FDP) schlug vor, in einigen Bereichen „die Standards zu senken“. Dem stimmte der Bürgermeister zu, jedoch seien Sanierungsarbeiten im Bestand – bezogen auf die Straßensanierungen – immer teurer als bei Neubauten. Timo Martin (WBB) meinte ebenfalls, die meisten Projekte seien unbestritten, nur solle vor jeder einzelnen Maßnahme der Standard diskutiert werden. Sonja Güntner (GLW) schlug vor, die Sanierung der Seitenstraßen der Jöhlinger Straße zu verschieben und in 2025 nur noch Burgstraße und Steigweg zu Ende zu bringen. Hans-Martin Flinspach (WBB) meinte dazu, die Fördergelder hingen von der Fertigstellung ab. Er plädiere für eine Realisationsquote von 50 %. Das bedeute, von vornherein weniger Projekte gleichzeitig anzufangen und die verbliebenen besser einzuschätzen. Fritz Küntzle (CDU) fragte nach der Entstehung der Verschuldung und schlug selbst die Antwort vor: Das Land winke mit Zuschüssen, was zu Mehrausgaben verleite und es werden zu viele Planaufträge an externe Büros vergeben.
Wieviel wird insgesamt investiert?
Der Gesamtinvest im Kernhaushalt beträgt 19,4 Mio. Euro. Die Einnahme aus Verkauf und Förderung betragen 12,6 Mio. Euro, die verbleibenden 6,8 Mio. Euro muss die Gemeinde finanzieren. Dazu erklärte Bürgermeister Bänziger, dass die ganz großen Projekte Kirchberg-Mittelweg, Sandfeld und Schulhausbau alle an einen Projektsteuerer vergeben wurden. Die Gemeinde sei dadurch an diese Projekte gebunden, welche dann auch zügig umgesetzt und finanziert werden müssten.
Woher kommen die Einnahmen?
Die Erträge werden im Ergebnisplan in 17 Positionen dargestellt. Sie kommen zum größten Teil aus Steuern, Zuwendungen und Umlagen sowie aus privatrechtlichen Leistungsentgelten.
Im Gesamten betrugen sie im Jahr 2024 35.260.500 Euro. Im Jahr 2025 werden sich die Einnahmen auf 33.904.700 Euro absenken, um dann kontinuierlich bis auf 38.342.000 Euro im Jahr 2028 zu steigen.
Die Aufwendungen werden in 10 Aufwandsarten gegliedert. Sie lagen in 2024 bei 33.368.400 Euro und steigen danach jährlich kontinuierlich bis auf 40.878.200 Euro. Das positive Gesamtergebnis aus 2024 wird sich nach den Planzahlen allerdings in 2025 und 2026 stark reduzieren. Die Ergebnisse in 2027 sind nach dem Ergebnisplan mit von 1,3 Mio. Euro und in 2028 in Höhe von -2,12 Mio. Euro negativ. Eine Spitzenposition nimmt die Aufswandsart „Personal“ ein. Von 9.512.200 Euro im Jahr 2024 werden die Ausgaben hierfür bis zum Jahr 2028 jährlich ansteigen bis auf 10.977.000 Euro.
Schlusswort des Bürgermeisters
Abschließend sagte Bürgermeister Bänziger, bisher sei der Haushalt immer positiv ausgegangen. Jetzt erhalte er ein verändertes Niveau. Die Ursachen analysierte er zusammenfassend auf den hohen Personalkosten, die ihrerseits auf hohen Tarifabschlüssen beruhen. Preise für bauliche Leistungen durch Handwerker seien explosionsartig gestiegen. Und die Kreisumlage, wie bereits eingangs beschrieben, welche um 3 Mio. Euro mittelfristig ansteigt und die dauerhaft zu Buche schlagen wird. Die Gemeinde müsse strukturell darauf reagieren. Die Infrastruktur dürfe nicht vernachlässigt werden, aber man müsse maßvoll mit den Dingen umgehen. Es sei systemisch bedingt, dass der Großteil nun an den Bürgern hängen bleiben würde. Gerhard Fritscher (CDU) sagte abschließend, die Gemeinde müsse den Bürgern zeigen, dass wir in einer schwierigen Situation seien und ein Zeichen setzen, dass mit allen Mitteln sparsam gewirtschaftet werde. Bürgermeister Bänziger prophezeite, 2025 werde ein „Übergangsjahr“. Ihm sei wichtig, den Bürgern zu vermitteln, was landes- und bundespolitisch auf sie zukomme. Digitalisierung und Bürokratieabbau werden mit weiteren Forderungen verbunden sein und letztlich nicht die Antwort sein.