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Bericht aus dem Gemeinderat vom 05.11.2024
Nachfolgend finden Sie den Bericht aus der vergangenen Sitzung, geordnet nach Tagesordnungspunkten.
- öffentlich bekannt gemacht am 07.11.2024 -
1. und 2. Lebendige und verkehrsberuhigte Ortsmitten
Wie könnte Weingartens Ortsmitte aussehen, wenn der Walzbach wieder geöffnet wäre? Diese Vision griff ein Programm auf, das unter dem Titel „Lebendige und verkehrsberuhigte Ortsmitten“ das Ziel hat, Ortsmitten kleinerer Kommunen sowie Stadtteilzentren größerer Städte attraktiver zu gestalten und für längeren Aufenthalt aufzuwerten. Das Programm wird vom Land Baden-Württemberg zu 100 Prozent gefördert und ist darum für die teilnehmenden Gemeinden kostenfrei. Instrumente für die Veränderung sind, den motorisierten Durchgangsverkehr sowie Parkflächen zu reduzieren und Freiflächen für Fußgänger und Radfahrer sowie Grünflächen und Gestaltungselemente zu schaffen. Innerhalb des Programms sind drei Bausteine verfügbar: Die Qualitätserfassung, die Visualisierung und die Temporäre Umgestaltung.
Die ersten beiden Bausteine, Qualitätserfassung und Visualisierung hat die Gemeinde Weingarten in Auftrag gegeben und das Planungsbüro Planersocietät Frehn Steinberg Partner GmbH hat die Dienstleistung erbracht. Im Fokus der Betrachtung lag der Bereich Bahnhofstraße zwischen der Wilzerstraße und dem Marktplatz. Das Dossier der Qualitätserfassung enthält sechs Untersuchungsbereiche mit insgesamt 19 Handlungsempfehlungen. Untersucht wurden die Verträglichkeit des Kraftverkehrs, die Aufenthaltsqualität und Grün, das Ortsbild und Nutzungen, der Fußverkehr, der Radverkehr sowie der Öffentliche Verkehr. Ein Mitarbeiter der Planersocietät hat die Visualisierung der Ergebnisse dem Gemeinderat vorgestellt.
Als Leuchtturmprojekt innerhalb der 19 Maßnahmenempfehlungen der Qualitätserfassung stach die erste Maßnahme, die Öffnung des verdolten Walzbachs unterhalb der Bahnhofstraße, hervor. Weitere Vorschläge legten den Fokus auf den Rad- und Fußgängerverkehr. Die Bahnhofstraße könnte zur Fahrradstraße werden. Piktogramme auf der Fahrbahn, eine größere Anzahl von Fahrradständern zum Anschließen und eine Querungshilfe für Fußgänger beim Supermarkt Nahkauf wurden vorgeschlagen.
Sonja Güntner (GLW), zeigte sich von den Vorschlägen begeistert, die Platz für Fußgänger und Radfahrer schaffen. Hans-Martin Flinspach (WBB) wollte wissen, ob auch kleinere Maßnahmen förderfähig seien. Timo Martin (WBB) sah die Vision kritisch. Die Zahl der Autos werde sich in den nächsten Jahren nicht verringern. Es sei unrealistisch, diese Tatsache zu verdrängen. Wolfgang Wehowsky (SPD) warnte das Gremium davor, sich in eine Auto- und eine Fahrradpartei zu spalten und nannte die Fahrradstraßen in Karlsruhe sehr gelungen und mit dem Autoverkehr vereinbar. Fritz Küntzle (CDU) sagte, Fahrradfahrer fühlten sich als „die Herrscher der Straße“. Aber Autos könne man nicht wegleugnen. Bürgermeister Eric Bänziger fasste zusammen, das Programm habe eine andere Sichtweise gezeigt und einige Impulse gegeben, die als Anregungen in das Mobilitäskonzept einfließen könnten.
Der Gemeinderat nahm es zur Kenntnis.
3. Energieplan für Weingarten
Die Gemeindeverwaltung hat die Umwelt- und Energieagentur Kreis Karlsruhe mit der Erstellung einer freiwilligen Kommunalen Wärmeplanung auf Basis des Klimaschutzgesetzes beauftragt. Eine Mitarbeiterin der Agentur hat den aktuellen Sachstand der Bestands- und Potentialanalyse sowie das weitere Vorgehen vorgestellt. Zunächst wurden aktualisierte Daten über den Wärmebedarf und -verbrauch, daraus resultierende Treibhausgasemissionen sowie Daten über den Gebäudebestand und die Versorgungsstruktur zusammengetragen und ausgewertet. In der darauffolgenden Potentialanalyse werden lokal verfügbare Potentiale zur Nutzung erneuerbarer Energien sowie Abwärme geprüft und die Möglichkeiten für Energieeinsparungen ermittelt. Wärmeplanungen auf kommunaler Ebene sind geeignet, eine flächendeckende Abkehr von fossilen Heizsystemen und den Umstieg auf klimafreundliche Alternativen einzuleiten.
Die Gebäudestruktur im Bestand sei in Weingarten überwiegend alt, berichtete die Referentin. 50 Prozent der Gebäude seien vor 1960 erbaut. 40 Prozent aller Häuser werden mit Erdgas beheizt, 20 Prozent mit Öl, Wärmepumpen seien erst langsam im Kommen. Der Wärmeverbrauch in Weingarten beruhe zu zwei Dritteln auf Wohnungsheizung und zu einem Drittel auf Wirtschaft. Beim Stromverbrauch sei es umgekehrt. Die Potentialanalyse zeigte auf, was an alternativer Energieerzeugung möglich sei. So sei der Anteil an Photovoltaikanlagen auf Dächern zur Stromerzeugung in den letzten zwei Jahren angestiegen, aber immer noch gering. Der Baggersee sei für eine Belegung geeignet. Auch Windenergie habe ein Potential. Weiter nannte sie Biomasse aus Wald und Grünabfall, Abwärmenutzung und Außenluft. Es sei wenig Potential vorhanden, das ohne einen großen Ausbau des Stromnetzes nutzbar sei.
Matthias Görner (FDP) kritisierte, die Agentur habe in ihrer Auarbeitung das größte Potential, die Tiefengeothermie, nicht einbezogen. Das sei aber das einzige, was grundlastfähig und damit verlässlich sei. Die anderen Fraktionen stimmten dieser Kritik zu und die Referentin wollte die Tiefengeothermie noch ergänzen.
Das Gremium entschied, die Referentin solle diesen Aspekt noch einarbeiten und dann das Thema für das Szenario Wärmewende erneut in den Gemeinderat bringen. Der Gemeinderat müsse bis Mitte 2025 Beschluss fassen, weil dann der Förderzeitraum für Kommunale Wärmeplanung zu Ende gehe. Bernd Wolf (WBB) sah das größte Potential in der Belegung der Dächer. Nicholas Schmitt (Klimaschutzbeauftragter) entgegnete, dass das rechnerische Potential der Dächer zwar hoch sei, punktuelle Großprojekte aber schneller zu realisieren seien als die flächendeckende Belegung sämtlicher privater Dächer. Gerhard Fritscher (CDU) widersprach dem, Sonja Güntner (GLW) pflichtete Schmitt jedoch bei, da es vorwiegend um Bestandsbauten gehe, für die Photovoltaik nicht verpflichtendsei. Timo Martin (WBB) meinte, mit Freiwilligkeit sei wenig zu erreichen. Ein Anschluss- und Benutzungszwang sei erforderlich.
Die Diskussion endete mit der Kenntnisnahme des Vortrags. Nach Ergänzung der Ausarbeitung werde weiter beraten.
4. Breitbandausbau im Außenbereich
Die Firma Deutsche Glasfaser möchte das Glasfasernetz in der Gemeinde eigenwirtschaftlich und ohne öffentliche Förderung weiter ausbauen. Die Verwaltung hat vom Gemeinderat in einer zurückliegenden Sitzung den Auftrag erhalten, mit der Deutschen Glasfaser eine Kooperationsvereinbarung abzuschließen. Von Beginn an war es das Bestreben der Gemeinde, den Ausbau der Glasfaserinfrastruktur durch ein Privatunternehmen vornehmen zu lassen. Die Gemeinde war nur dort in Vorleistung getreten, wo es einer Zwischenlösung bedurft hatte, um die sanierten Straßenzüge nicht erneut öffnen zu müssen. Die Deutsche Glasfaser hat im Vorfeld eine Bündelungsumfrage erhoben und die Vorvermarktung mit mindestens 33 Prozent erfolgreich zum Abschluss gebracht. Nun steht als zweiter Schritt die Wirtschaftlichkeitsprüfung an. In einem Abstimmungsgespräch mit der Gemeinde teilte das Unternehmen mit, dass es vier Adressen im Außenbereich wegen Unwirtschaftlichkeit nicht ausbauen wird. Für diese wird jetzt ein geförderter Eigenausbau angestrebt, den die Breitbandkabel des Landkreises (BLK) unterstützt. Hierzu wurde durch die BK-Teleconsult eine Trassenplanung und eine Grobkostenschätzung vorgenommen. Die BLK hat hierfür eine Ausschreibung vorgenommen, die zwei Angebote enthielt. Das günstigere Angebot beläuft sich auf einen Betrag von rund 717.300 Euro, der rund 11 Prozent unter der Kostenschätzung lag.
Das konnten die Ratsmitglieder nicht unwidersprochen hinnehmen. Timo Martin (WBB) sprach von „wahnsinnigen Kosten“. Der Steuerzahler solle dafür aufkommen, dass lediglich vier Adressen einen Glasfaseranschluss erhalten. Bürgermeister Eric Bänziger sagte, die Summe sei ein „volkswirtschaftlicher Horror“, auch wenn der Eigenanteil der Gemeinde lediglich 80.000 Euro betrage. Sonja Güntner (GLW) forderte unverzüglich, die Vergabe abzulehnen. Dem schlossen sich Gerhard Fritscher (CDU), Matthias Görner (FDP) und Wolfgang Wehowsky (SPD) ebenfalls an. Lorenz Spohrer (WBB) fragte, ob man nicht wenigstens die Kläranlage anschließen könne. Bürgermeister Eric Bänziger antwortet, dass dies geprüft werden müsse.
Nach der Diskussion wurde der Beschlussvorschlag, den Eigenausbau im Außenbereich vorzunehmen, einstimmig abgelehnt.
5. Beauftragung Klimaanlage
Der Gemeinderat hat sich im vergangenen Jahr intensiv mit dem Thema Gebäudekühlung auseinandergesetzt. Im Ergebnis kam er zu dem Schluss, dass eine alternative Gebäudekühlung für das Bestandsgebäude Lammeck nur unter großem finanziellem Aufwand realisierbar wäre und hat sich mehrheitlich für den Einbau einer konventionellen Klimaanlage für das Lammeck entschieden. Um sinnvolle Abschnitte bilden zu können, wurden die Räume im Lammeck um den Bürgersaal, das Turmzimmer, die Besprechungsräume, den Sozialraum sowie den mittlerweile frei gewordenen Fachbereich 5 ergänzt.
Nach Abschluss der Arbeiten sind alle Räume mit einer zeitgemäßen Gebäudekühlung versorgt. Eine Ausschreibung zur Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Bieters ergab die Firma Kälte Koch aus Weingarten mit einer Angebotssumme von 170.060,79 Euro inklusive dem Einbau eines Gesamtreglers. Alle Ratsmitglieder waren von der Notwendigkeit und der Wirksamkeit einer Klimaanlage überzeugt. Lediglich Sonja Güntner (GLW) fand das „aus der Zeit gefallen“.
Die Abstimmung, die Firma Kälte Koch zu beauftragen, fiel mehrheitlich aus bei drei Gegenstimmen der Gemeinderätinnen Sonja Güntner, Petra Frankrone (beide GLW) und Hans-Martin Flinspach (WBB) und einer Enthaltung von Gemeinderat Dr. Nico Brandt (GLW).
6. Erweiterung Kita St. Franziskus, Schlussabrechnung Speiseraum
Die Kosten für den Anbau des Speiseraums an die Kita St. Franziskus endet mit einer Schlussabrechnungssumme von 728.958,33 Euro. Die Ratsmitglieder nahmen den Betrag mehr oder weniger entsetzt zur Kenntnis.
Die Baukosten inklusive der Kosten für eine neue Küche und die Außenanlagen lagen entsprechend der Kostenschätzung vom 19.05.2022 bei insgesamt 600.000 Euro brutto. Gemäß den Schlussabrechnungen liegen die Gesamtkosten hierfür bei 628.359,12 Euro brutto, also 4,7% über der Kostenschätzung aus dem Jahr 2022.
Hinzu kommen die Kosten für die Ingenieurleistungen für die Planung (Architekt), Vermessung, Statik, Gebühren und die Kosten für das Bebauungsplanverfahren i.H.v. 100.599,21 Euro brutto.
Die Gesamtkosten der Maßnahme belaufen sich somit auf insgesamt 728.958,33 Euro.
7. Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft e.V
Alle Fraktionen des Weingartener Gemeinderates haben einen interfraktionellen Antrag auf Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft e.V eingereicht. Hans-Martin Flinspach (WBB) betonte, keinesfalls solle der Antrag als Kritik an der Arbeit der Försterin verstanden werden, sondern als Unterstützung.
Der Antrag wurde zur weiteren Bearbeitung einstimmig in den Verwaltungsausschuss verschoben.