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Öffentliche Waldbegehung mit Försterin Elena Motschilnig
und Bürgermeister-Stellvertreter Gerhard Fritscher
Für die Forstbegehung hatte Gemeindeförsterin Elena Motschilnig mehrere Waldbilder vorbereitet, anhand derer sie Themen aufzeigen konnte.
Basisinformation für die neuen Gemeinderäte
Doch bevor die außergewöhnlich große Gruppe mit 37 Teilnehmern, darunter 12 Gemeinderatsmitglieder und 25 interessierte Bürgerinnen und Bürger, sich auf den Weg machte, gab sie in der Forsthütte, vor allem den neuen Gemeinderäten, einen Überblick über die aktuelle Situation im Wald.
Die Waldfläche der Gemarkung beträgt rund 1000 ha und ist in fünf Distrikte gegliedert. Der diesjährige Rundgang finde im Distrikt Niederwald statt, der trockensten Stelle im ganzen Revier. Die Regenfälle in diesem Jahr hätten dem Wald zwar gut getan, aber grundsätzlich sei die Situation nicht gut. Sehr viele Bäumen sterben aufgrund der erlittenen Trockenschäden und dem Hitzestress in den vorangegangenen Jahren ab.
Planung für das nächste Jahrzehnt: Waldrefugien
Im Jahr 2026 beginne die nächste zehnjährige Forstbetriebseinrichtung, begann sie. Parallel dazu arbeite die Gemeinde gemeinsam mit dem Forstamt an einer Waldnaturschutzkonzeption, in dem mittelfristig Waldrefugien geplant seien, ergänzte ihr Vorgesetzter, Forstamtsdirektor von Bruchsal, Lothar Himmel, der ebenfalls an der Begehung teilnahm. Kern dieser Konzepte sei eine Verlagerung des Schwerpunkts vom Wirtschafts- zum Natur- und Erholungswald. Das bedeute, dass bestimmte Teile des Waldes, die sich als nicht mehr wirtschaftlich erweisen, der Natur überlassen bleiben sollen. Gemeinderat Gerhard Fritscher warf ein, vor rund 30 Jahren habe der Weingartener Wald der Gemeinde noch größere Einnahmen gebracht. Jetzt müsse die Gemeinde jährlich sechsstellige Summen investieren. In seinem Forstbereich seien in den letzten neun Jahren 60 Prozent der Holzentnahme als Schadholz entnommen worden, bestätige Himmel.
Naturverjüngung als probates Mittel gegen Waldsterben
Unter diesem Aspekt geht es dem Wald sehr schlecht. Aber die Försterin zeigte sich optimistisch. Sie setzt auf Naturverjüngung. Das bedeutet, dass junge Pflanzen aus Samen der Bäume direkt vor Ort erwachsen. Eine andere Möglichkeit sei, Samen zu sammeln, wie es beispielsweise ihr Vorgänger Förster Michael Schmitt getan habe. Er habe etliche Säcke Eicheln in eine Pflanzschule gebracht und die herangezogenen Stämmchen anschließend im Weingartner Wald wieder ausgepflanzt.
Am ersten Waldbild, einem stark geschädigten Kiefernbestand, erläuterte sie die Vorzüge der Naturverjüngung, die sich hier bereits prächtig entwickelt hatte. Im Gegensatz zu früheren Jahren, in denen hohe und astfreie Stämme gewünscht waren, sei jetzt das Ziel, breitere Kronen zu erreichen. Die Stämme wachsen in die Breite, das verkürze den Weg der Wasserversorgung. Naturverjüngung sei standortangepasst und habe darum von Anfang an stärkere Wurzeln. Es werden nur so viele überzählige Bäume entnommen wie nötig, dass die Verbleibenden große Kronen entwickeln könnten.
Die Vorzüge von Wuchshüllen
Der trockenste Standort in ihrem Revier – alle Standorte waren im Niederwald rund um die Forsthütte - galt dem Thema Wuchshüllen. Frau Motschilnig berichtete, hier sei eine gemischte Pflanzung von Eichen, Hainbuche, Ahorn und Wildapfel beabsichtigt. Wildbirne sei noch besser geeignet, da noch widerstandsfähiger, warf Gemeinderat Hans-Martin Flinspach ein. Der Wald weise bereits eine gute Durchmischung auf, war zu hören. Der größte Bestand (stand 2015, letzte Forsteinrichtung) sei die Buche mit 24 %, gefolgt von der Schwarzerle mit 13 %. Der Bestand an Eschen betrug 2015 noch 12 % sei aber aufgrund des Eschentriebsterbens in den vergangenen Jahren stark geschwächt worden.
Je vielfältiger die Baumarten, desto größer die Risikominimierung für einen Ausfall. Die jungen Pflanzen sollen mit Wuchshüllen aus Pappelholz vor dem Rehbock geschützt werden. Pappelholz sei günstig in der Anschaffung und biologisch abbaubar. Auch Lothar Himmel bestätigte, dass Wuchshüllen praktisch seien, denn sie schützen nicht nur vor Verbiss und Verfegung durch Rehe, sondern auch bei Säuberungsarbeiten vor dem Mähroboter. Ein Teilnehmer schlug vor, zum Abnehmen der Wuchshüllen wenn die Bäume groß genug seien, oder für ähnliche Aufräumarbeiten, Bürger heranzuziehen. Diesen Vorschlag nehme sie gerne mit, sagte die Försterin erfreut.
Tiefbrunnen und alte Eichen für den Heldbock
In diesem Jahr habe die Gemeinde vier Tiefbrunnen anlegen lassen, berichtete sie am nächsten Standort. Sie dienen zur Bewässerung junger Kulturen als Starthilfe für das erste Jahr und können auch Wasserlieferant bei einem Waldbrand sein.
An einem weiteren Standort waren alte Eichen zu finden. Das seien Habitatbäume für den Heldbockkäfer. Dieser sei mittlerweile so streng geschützt, dass allein die Bereitstellung von eventuell besiedelbaren Bäumen eine Zuteilung von Ökopunkten in hoher Anzahl rechtfertige. Allerdings müsse langfristig gesichert sein, dass an einem Standort mit Eichen auch Eichen bleiben.