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Katastrophenschutz in Weingarten (Baden)
Im Gespräch mit Herrn Grimmer, Leiter des Ordnungsamtes
Welche Szenarien werden in der kommunalen Notfallplanung der Gemeinde genannt? Gegen was muss die Gemeinde gewappnet sein?
Die kommunale Notfallplanung stellt nicht auf einzelne Szenarien ab, sondern hat vielmehr zum Ziel die Handlungsfähigkeit der Gemeindeverwaltung zum Schutz der Bevölkerung in möglichst allen Gefahrenlagen zu gewährleisten. Selbstverständlich muss hierbei eine gewisse Priorisierung in der Vorbereitung nach der Wahrscheinlichkeit der einzelnen Gefahrenszenarien erfolgen. So haben die Wetterereignisse bzw. Unwetterkatastrophen im süddeutschen Raum der jüngsten Vergangenheit gezeigt, dass eine Vorbereitung, beispielsweise bei Hochwasser oder Starkregenereignisse, unerlässlich ist. Zudem sind Stromausfälle nicht nur aufgrund technischer Bedingungen wahrscheinlich. Hierfür wurde eigens ein Aggregat zur Sicherstellung der Wasserversorgung angeschafft. Eine Notstromversorgung der Feuerwehr und partiell auch der Gemeindeverwaltung gewährleisten deren Handlungsfähigkeit im Bedarfsfall.
Liegen konkrete Pläne in einer (digitalen) Schublade, die dann greifen, wenn etwas passiert? Wer ist bei Ihnen in der Gemeindeverwaltung verantwortlich für die Koordination im Katastrophenfall?
Um möglichst viele Szenarien abdecken zu können, existiert im Rahmen der kommunalen Notfallplan die Organisation eines allgemeinen Krisen- bzw. Verwaltungsstabes. Verantwortlich für die Koordination ist der Behördenleiter, Bürgermeister Bänziger, unterstützt durch den Leiter des Verwaltungsstabes und die einzelnen Verwaltungsbereiche. Hier werden die unterschiedlichen fachlichen Kompetenzen zur Abarbeitung der verschiedenen Lagen vorgehalten.
Materiell ist die Gemeinde Weingarten (Baden) im kommunalen Vergleich überdurchschnittlich gut aufgestellt und unterhält unter anderem ein eigenes Lager mit Katastrophenschutzbedarfsmaterial, wie Behelfsbetten zur Unterbringung evakuierter Bürger.
Schwerpunkt Hochwasser: Welche Maßnahmen sind vorgesehen, um die Schadenslage (Extrem)Hochwasser zu bekämpfen? Inwiefern ist Weingarten von Hochwasser bedroht?
Zunächst ist präventiv der bauliche Hochwasserschutz, z. B. durch das Regenrückhaltebecken, zahlreiche Entwässerungsgräben oder die Rechen im Walzbach, aber auch Pegelmessstände am Bach zu nennen. Im Bereich Vorsorge erfolgten auch Abstimmungen mit der bachaufwärts gelegenen Nachbargemeinde.
Technische Maßnahmen wie die Freihaltung der Rechen im Ortskern von Treibgut, um einen besseren Abfluss der Wassermassen zu gewährleisten, wurden bei Starkregenereignissen der jüngsten Vergangenheit bereits durchgeführt.
Evakuierungen als ultima ratio waren glücklicherweise bisher nicht erforderlich, können aber bei absolutem Bedarf als Maßnahme zur Verfügung stehen. Zunächst erfolgt jedoch die Warnung der Bevölkerung und deren Aufforderung zur Selbsthilfe.
Der Landkreis als untere Katastrophenschutzbehörde hält in einem zentralen Lager auch weiteres Einsatzmaterial für die Verwendung in den Kommunen vor und die interkommunale Zusammenarbeit unter Führung des Landkreises wird regelmäßig geübt.
Inwiefern ist Weingarten von Hochwasser bedroht?
Eine konkrete Bedrohung besteht aktuell, insbesondere dank der baulichen Vorkehrungen, in Weingarten nicht. Wie bereits ausgeführt, waren die technischen Maßnahmen in der jüngsten Vergangenheit immer ausreichend und die Pegelstände respektive Regenmengen zu keinem Zeitpunkt kritisch. Da Unwetterereignisse aber, auch in ihrer Intensität, eher zunehmen, sind die Schutzmaßnahmen ständig zu überprüfen und auch künftig an den neuesten Stand der Technik anzupassen. Weitere Maßnahmen befinden sich außerdem in der Prüfung.
Welche Aufgaben fallen ehrenamtlichen Strukturen wie der Feuerwehr, dem DLRG oder anderen zu? Wer sitzt da mit im Boot?
Die sogenannten Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, also auch ehrenamtliche Organisationen wie das DRK oder DLRG, bilden eine elementare Säule des Bevölkerungsschutzes. Die freiwillige Feuerwehr ist eine gemeinnützige, der Nächstenhilfe dienende Einrichtung der Gemeinde. Eine gut ausgestattete und leistungsfähige Wehr ist somit auch im Krisenfall essenziell und deren Unterhaltung dauerhafte Aufgabe der Gemeindeverwaltung.
Die vorhandene technische Ausstattung und fachliche Expertise der Institutionen und Organisationen sind fester Bestandteil der öffentlichen Krisenvorsorge und lässt dem Ehrenamt damit eine besondere Bedeutung zukommen. Koordiniert werden diese Hilfsorganisationen auch im Katastrophenfall zentral über die integrierte Leitstelle Karlsruhe.
Aber auch ortsansässige Landwirte und Bauunternehmen können aufgrund ihrer Kompetenzen und Ausstattung in die Bewältigung von Schadenslagen mit eingebunden werden.
In welcher Form und wie häufig wird die Bevölkerung auf das Thema Katastrophenschutz/eigene Vorkehrungen hingewiesen?
Erst jüngst informierte die Gemeinde Weingarten (Baden) betroffene Anlieger von besonders exponierten Grundstücken entlang des Walzbachs mittels einer Postwurfsendung bzw. eines Flugblattes. Dauerhaft weist die Gemeindeverwaltung auf ihrer Internetpräsenz, die aufgrund der Zunahme der Themenbedeutung diesbezüglich künftig weiter ausgebaut werden soll, hin.
Am jährlich stattfindenden bundesweiten Warntag werden durch Probealarme die sieben gemeindeeigenen Sirenen und per MoWaS bzw. NINA alle Mobilgeräte angesteuert. Weiterhin weisen Hilfsorganisationen wie die Freiwillige Feuerwehr z. B. am Tag der Rettungskräfte in Weingarten auf das Thema hin.
Interessierte Bürger haben zudem die Möglichkeit sich im Rathaus bei mir, als Katastrophenschutzbeauftragten, zum Thema Selbsthilfe beraten zu lassen. Umfangreiches Informationsmaterial wird außerdem vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz zur Verfügung gestellt und liegt im Bürgerbüro sowie in der Gemeindebibliothek zur Mitnahme aus.