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Ein Glücksfall für den Weinbau
Elina Holzmüller und Lea Siegrist führen die Betriebe ihrer Väter weiter
Dem Weinbau in Weingarten ist ein Glücksfall widerfahren. Zwei junge Frauen aus dem Ort, die 22-jährige Lea Siegrist und die 26-jährige Elina Holzmüller, die Töchter der beiden größten Weinbaubetriebe in Weingarten, wollen das Erbe ihrer Väter und Großväter mit Kenntnis und Herzblut weiterführen.
Auch Frank Gauss ist darüber glücklich
Selbstverständlich arbeiten sie dabei weiterhin eng mit der Weinmanufaktur Weingarten zusammen. Deren Chef, Frank Gauss, ist darüber überglücklich. Was wäre passiert, wenn diese Situation nicht eingetreten wäre? Die Beiden hätten ja auch einen anderen Beruf ergreifen können und irgendwann hätte der größte Rebflächenanteil auf Weingartener Gemarkung keinen Betreiber mehr gehabt oder wäre an einen Investor verpachtet worden, was der Weinmanufaktur auch nicht gutgetan hätte. Aber soweit kam es nicht. „Weingartner Wein ist ein Stück Heimat“, sagen Lea und Elina mit Überzeugung.
In den Weinbau hineingewachsen
Jede von ihnen hat schon als Jugendliche im elterlichen Weinberg mitgeholfen und viel Spaß dabei gehabt. Das gemeinsame Herbsten mit Familie und Freunden ist die prägendste Erinnerung, aber auch das Schneiden und Anbinden der Reben in nicht enden wollenden Reihen bei jedem Wetter. So erwarben sie die Grundkenntnisse, die dann jede von ihnen in ein Studium geführt hat - wenn auch nicht auf direktem Weg. Lea hat zunächst eine Ausbildung als Krankenpflegerin abgeschlossen und studiert jetzt Agrarwissenschaft. Auch Elina hat zunächst mit Gesundheitswissenschaft geliebäugelt. Bei ihr gaben jedoch ihre Zeit als Weinprinzessin und ein Praktikum in der Weinmanufaktur den Ausschlag, Internationale Weinwirtschaft zu studieren. Beide jungen Frauen bekennen sich mit einem klaren Ja zum Weinbau und sehen der Zukunft mit Freude und klopfendem Herzen zugleich entgegen.
Weinbau im Klimawandel
Lea hat noch keine konkreten Pläne, sieht aber auf jeden Fall den Klimawandel als herausfordernde Aufgabe. Um dem zu begegnen will sie hitzeverträgliche Rebsorten pflanzen und neue Klone erproben. „Je trockener der Boden, desto roter der Wein“, zitiert sie die väterliche Empfehlung. Gemeint sei damit, in Richtung mediterraner Rebsorten zu gehen. Dass der Weinbau auch eine finanzielle Zukunft hat, sind sich die Beiden sicher. Denn beide Betriebe sind mit Ackerbau, Grünland, Lohnarbeit und Landschaftspflege breit aufgestellt. Der Weinbau ist nur eines dieser Mosaiksteine, die das Auskommen sichern. „Dieses Konstrukt wird den Weinbau mittragen, denn angesichts der massiv gestiegenen Kosten für Maschinen, Treibstoff, Stecklinge und anderes muss das Endprodukt Wein auch für den Kunden bezahlbar bleiben“, sagt Elina.
Eine Entscheidung mit Signalwirkung für die Zukunft
Die Entscheidung der beiden ist zukunftsweisend und hat Signalwirkung. Denn so bleiben Flächen erhalten. „Zu Beginn der 90er Jahre hatte der Flächenbestand der WG mit über 150 Hektar einen Höchststand“, erinnert sich Frank Gauss. Danach hatte eine unzureichende Bezahlung und die schwere Arbeit in den nicht maschinengerechten Steillagen zu Unzufriedenheit unter den Winzern geführt und damit eine Erosion ausgelöst. Zuletzt waren es noch 67 Hektar, als eine Fusion mit der Winzergenossenschaft Schliengen-Müllheim unausweichlich wurde. Der Fortbestand dieser beiden Familienbetriebe sei ein Leuchtturmprojekt für den Weingartner Weinbau. Ganz im Sinne ihrer Väter, die eine Zusammenarbeit bereits im gemeinsamen Gebrauch von Maschinen ausüben, wollen die Töchter weiterarbeiten. Effektiv, freundschaftlich und Synergien schaffend zum Wohle des Weinbaus. Der Wein in Weingarten, sagt Frank Gauss, müsse unbedingt erhalten bleiben. Als Kulturgut, Markenzeichen und nicht zuletzt als Lebensfreude.