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Aus dem Gemeinderat
Hier finden Sie den Bericht aus der vergangenen Sitzung vom 29.03.2022 nach Tagesordnungspunkt
- öffentlich bekannt gemacht am 06.04.2022 -
HIER geht es zur Präsentation "Strukturgutachten Wasserversorgung" der BIT Ingenieure (PDF Format)
Wie sieht die Zukunft der Wasserversorgung in Weingarten aus?
Ein Strukturgutachten der BIT-Ingenieure gibt Aufschluss
Aktuell verbraucht jeder Einwohner Weingartens derzeit 155 Liter Wasser pro Tag. Reicht die Trinkwasser-Infrastruktur dafür noch aus? Ein Strukturgutachten eines Ingenieurbüros gab dem Gemeinderat Auskunft über die aktuelle Versorgungslage der Gemeinde auch im Hinblick auf ihre weitere Gemeindeentwicklung.
Aktueller Zustand
Aus zwei Tiefbrunnen kommt Wasser in die Carix-Anlage vor dem östlichen Ortseingang. Das Wasser wird in fünf Hochbehälter gepumpt und von dort in das 71 Kilometer lange örtliche Leitungsnetz verteilt. Aktuell werden 4.600 Haushalte und zahlreiche Gewerbegebiete im Gemeindegebiet mit Trinkwasser versorgt. Die jährliche Wassermenge, die an die Endverbraucher abgegeben wird, beträgt 500.000 Kubikmeter pro Jahr. Die wasserrechtliche Genehmigung erlaubt eine maximale Entnahme von 3.192 Kubikmeter pro Tag. Während der erste Brunnen komplett erneuert wurde, wurde die Pumpentechnik des Brunnen 2 erneuert, aktuell wird die Außenhülle saniert. Die Carix-Anlage im Wasserwerk Schmalenstein arbeitet mit Ionentauschern als Aufbereitungsanlage und „reinigt“/redutiert das ankommende Rohwasser (Grundwasser) von 55 Milligramm Nitrat pro Liter auf 32 Milligramm und entzieht dem Wasser Kalk bis auf elf Grad Härte. Damit entspricht das aufbereitete Trinkwasser der Trinkwasserverordnung. Der Hochbehälter Katzenberg ging erst 2017 in Betrieb und verfügt über eine Wasserkammer mit 1.260 Kubikmeter Inhalt. Den vier anderen Hochbehältern bescheinigte das Gutachten Sanierungsbedürftigkeit in den nächsten Jahren. Eine Analyse der Wasserbedarfsentwicklung zeigte eine mittelfristige Erhöhung der erforderlichen Wasserförderung, die im Jahr 2021 eine Fördermenge von rd. 570.000 Kubikmeter erreicht hatte. Eine Prognose bis zum Jahr 2057 ging von 11.853 Einwohnern aus mit einem durchschnittlichen Tagesverbrauch von 1.840 Kubikmeter, was einen Jahresverbrauch von 671.743 Kubikmeter ergab. Die Differenz zwischen der ins Netz abgegebenen und verkauften Wassermenge erklärt sich aus Wasserrohrbrüchen im Netz, Kanalreinigung und Spülungen im Zuge der Baumaßnahmen sowie Feuerwehrübungen die nicht erfasst werden.
Prognose für die Zukunft
Aktuell sei die Rohwasserförderung noch ausreichend, aber die Aufbereitungsmenge bereits jetzt zu knapp, erklärten die beiden Mitarbeiter der BIT-Ingenieure. Für den prognostizierten Bedarf in 2057 bei Erschließung aller Neubaugebiete und unter Beachtung des Klimawandels reiche auch die Fördermenge des Rohwassers nicht mehr aus. Das Speichervolumen sei nur beim Hochbehälter Katzenberg optimal, sonst gerade noch zufriedenstellend. Die Ziele der Gemeinde seien eine Sicherung der Förderung und der Speicherung, eine Erhöhung der Aufbereitungskapazität und eine Reduzierung der Verluste durch Erneuerung des Rohrnetzes.
In den vergangenen Jahren wurden bereits zahlreiche Maßnahmen umgesetzt: Neubau Hochbehälter Katzenberg, Erneuerung der Trinkwasserleitungen und Hausanschlüsse in den Sanierungsgebieten, Erneuerung des Brunnen 1 sowie Erneuerung der Pumpenaggregate und Steuerungstechnik im Brunnen 2.
Zusammenfassung
Kurz zusammengefasst: Der Zustand der Brunnen ist gut. Die Carix-Anlage ist für den aktuellen und zukünftigen Wasserverbrauch zu knapp ausgelegt. Bei Bevölkerungswachstum, steigendem Verbrauch und Klimawandel wird die Aufbereitungskapazität nicht ausreichen. Das Speichervolumen im Hochbehälter Kirchberg ist im Hinblick auf das Baugebiet Kirchberg-Mittelweg nicht ausreichend.
Lösungsvorschläge
Als Lösung zeigte die Referentin verschiedene Möglichkeiten auf, darunter einen zusätzlichen Brunnen zu bohren und einen weiteren Reinwasserbehälter an das Wasserwerk anzubauen. Für den Hochbehälter Kirchberg empfahl die Referentin kurzfristig einen Neubau und einen Ersatzbau für die beiden Behälter Sohl und Sallenbusch. Mit einer zweiten Wasserkammer am Hochbehälter Katzenberg könne der Hochbehälter Setz langfristig stillgelegt werden.
Diskussion und Beschlussfassung
Bürgermeister Eric Bänziger dankte für den Überblick, welche Optionen in Weingarten (Baden) für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung zur Verfügung stehen. Heute nehme der Gemeinderat das zur Kenntnis, die einzelnen Maßnahmen werden weiter ausgearbeitet und im Weiteren ausführlich im Gremium behandelt.
Timo Martin (WBB) war erstaunt, dass die Carix-Anlage, die in 2000 gebaut wurde, nach 20 Jahren schon zu klein werde und wollte wissen, ob ein Wasserspeicher auch in der Ebene denkbar sei, zur Versorgung der Waldbrücke. Axel Hammen (Grüne Liste) sorgte sich, ob das Dargebot der Schmalensteinbrunnen für eine Erweiterung ausreichend sei. Das müsse im Zuge der weiteren Planung hydrologisch geprüft werden, es komme auch auf Abstand und Schutzzonen an. Sonja Güntner (Grüne Liste) regte an, die Pumpleistung zu optimieren, auch um Energie zu sparen. Andrea Friebel (CDU) fragte, ob die Brunnen weiterhin konstant Wasser lieferten und ob man den Verbrauch nicht über den Preis steuern könne. Wolfgang Wehowsky (SPD) regte an, den Bürgern die Nutzung von Zisternen zur Grauwassernutzung zu empfehlen, um Wasser zu sparen. Es solle zuerst das Notwendigste angegangen, dann die weiteren Maßnahmen Schritt für Schritt umgesetzt werden. Gerhard Fritscher (CDU) wollte, wo es möglich sei, Standards in Frage stellen. 155 Liter pro Kopf Verbrauch sei seiner Ansicht nach sehr hoch. Klaus Holzmüller (FDP) wollte wissen, ob das Rohrmaterial PE das beste sei. Hierzu erwiderte Wassermeister Sven Becker, es sei aktueller Stand der Technik. Hans-Martin Flinspach (WBB) berichtete, Walzbachtal habe ebenfalls Probleme mit Nitrat und schlug vor, eine gemeinsame Aufbereitungsanlage in mit Einbeziehung der Förderanlagen in den Pfalzwiesen anzudenken. Eric Bänziger bestätigte, Überlegungen für eine gemeinsame Versorgung mit Walzbachtal seien nicht ausgeschlossen. Matthias Görner (FDP) meinte, die Wachstumspläne werden zu einem Kostentreiber. Es sei besser, anstatt einer zweiten Leitung zu legen, die Schwachpunkte zu analysieren und zu beseitigen. Werner Burst (SPD) regte an, das Oberflächenwasser zu sammeln, um den Grundwasserspiegel zu unterstützen.
Die Gemeinderäte und Gemeinderätinnen nahmen den Sachvortrag des Ingenieurbüros zur Kenntnis und beauftragten die Verwaltung, auf Basis des Strukturgutachtens die weiteren Schritte zur dauerhaften Sicherung der Trinkwasserversorgung zu erarbeiten und dem Gemeinderat vorzustellen.
Der Beschluss war einstimmig.