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Die Weinrechtsreform und ihre Bedeutung für den Weinbau in Weingarten
Was bringt die Weinrechtsreform?
Am 27. Januar ist die zehnte Novellierung des Weingesetzes in Kraft getreten. Mit dieser Änderung soll das deutsche Qualitätsweinsystem dem romanischen System, das in Italien und Frankreich verwendet wird, angenähert werden.
Bessere Chancen auf dem internationalen Markt?
Ziel ist, dem deutschen Wein bessere Chancen auf dem internationalen Markt zu eröffnen. War bislang der Öchslegrad, sprich der Zuckergehalt im Traubenmost, der Maßstab für die Beurteilung als Qualitätswein oder Prädikatswein, so rückt jetzt dessen Herkunft in den Fokus. Denn die Charakteristik eines Weines werde in besonderer Weise vom Terroir bestimmt. Das bedeutet, das Zusammenspiel der Faktoren Klima, Mikroklima, Bodenbeschaffenheit, Lage und Hangexposition sowie der Einfluss des Menschen wirken sich auf den Wein aus. Der Wein soll das geschmackliche Spiegelbild seiner Herkunft sein, fordert das Deutsche Weininstitut. Darüber soll nun eine Herkunftspyramide genaue Auskunft geben. Von der untersten Ebene „deutscher Wein“ bis in die oberste Ebene „Einzellage“ soll die Herkunft des Weines aufgeschlüsselt werden.
Jöhlinger Hasensprung: Beispiel für Einzellage
Ein Beispiel aus der Weinmanufaktur Weingarten, die der Winzergenossenschaft Schliengen-Mülheim als Tochtergesellschaft angehört, wäre der Auxerrois, der aus einer kleinen Einzellage in Jöhlingen kommt und größtenteils in Weingarten verarbeitet wird. Das Anbaugebiet: Baden. Die Region: Kraichgau. Der Ort: Jöhlingen. Die Lage: Hasensprung. Frank Gauss, Chef der Weinmanufaktur und Aufsichtsratsvorsitzender der WG Schliengen, und sein Kellermeister Volker Hartmann, sind von dieser Idee nicht begeistert. Sie sehen darin für Weingarten sogar eher ein Hindernis.
Hohe Kosten für wenig Sinn
Denn, wolle man das tatsächlich so durchziehen, müsse eine Unzahl von einzelnen Chargen separat ausgebaut und jede mit eigenem Etikett und eigener Prüfungsnummer versehen werden, erklärt Hartmann. Das bringt alljährlich Kosten. Aber: Die Weinmanufaktur Weingarten sei Teil einer Genossenschaft, die aus vielen kleinen Einheiten bestehe. Keiner dieser Winzer sei imstande, so viel Wein zu erzeugen, dass diese einzelne Charge das ganze Jahr geliefert werden könne, so wie es der Handel verlange. Es sei nicht zu rechtfertigen, einer Genossenschaft diese Kosten aufzubürden, die mit Forderungen verbunden seien, die sie nicht erfüllen könne. „Was bringt diese Genauigkeit dem Verbraucher?“ fragt Gauss. Kaum jemand wisse, wo der Hasensprung oder der Katzenberg überhaupt liegt. Das Etikett gibt Auskunft über Rebsorte, Jahrgang, Ausbaulinie, Alkoholgehalt und Allergene. Es fehlt die Angabe der Lage wie Hasensprung oder Petersberg.
Beste Qualität bei „Brot-und-Butter-Weinen“
Für absolute Spitzenweine, die auch entsprechend teuer im Verkauf sind, könne die Lagebezeichnung sinnvoll sein, meinen die beiden Experten. Aber solche Produkte machen in Angebot und Nachfrage nur einen geringen Prozentsatz aus. „Unsere Winzer brauchen auch Brot-und-Butter-Weine“ meint Gauss und meint damit, Weine in hoher Grundqualität, aber zu bezahlbaren Preisen. Seiner Meinung nach sei entscheidend, was der Winzer aus einer guten Lage macht. Seine Arbeit, zusammen mit dem guten Boden, bildet die Grundlage für eien hervorragenden Rohstoff. Und diesen Rohstoff veredelt der kellermeister mit seinem Wissen, seinen Emotionen und Visionen zum fertigen Produkt. Das alles nur auf die Lage zu reduzieren, werde dem Wein in keinster Weise gerecht.