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Historischer Ortsrundgang mit Neubürgern
bei strahlendem Sonnenschein
Wissenswertes über Weingartens Historie lebendig erzählt haben auch in diesem Jahr die beiden Mitglieder des Bürger- und Heimatvereins Klaus Geggus und Achim Schäfer auf dem sehr reizvollen Rundgang durch die Weingartener Ortsmitte. Fast 40 Neubürgerinnen und Neubürger fanden sich auf Einladung von Bürgermeister Eric Bänziger im Grundschulhof ein, um ihre neue Heimat durch das umfassende Wissen der beiden besser kennenzulernen. Bei der Gestaltung der Neubürgerführung arbeiten beide Hand in Hand, Klaus Geggus übernimmt hierbei den mündlichen Teil, den er nicht nur mit profundem Wissen bestückt, sondern auch mit Anekdötchen und humorvollen Einlagen ausschmückt. Achim Schäfer ergänzt die Ausführungen durch passende Fotos aus der Vergangenheit, die er den Teilnehmern auf dem Tablet präsentiert.
Weingartens Geschichte beginnt 3000 Jahre vor Christus mit Siedlungen der Bandkeramiker am Höheforst. Keltengräber im Dörnig seien gefunden worden und Merowinger, Alemannen, Franken und Römer hätten Spuren hinterlassen.
Erste urkundliche Erwähnung Weingartens
Die erste urkundliche Erwähnung war im Jahr 985 im Codex Edelini durch die Weißenburger Mönche, die auf dem Kirchberg Reben pflanzten. Zu diesem „wingarten ultra rhenum“ gründeten sie eine Ortschaft. So war Weingartens neuere Geschichte von Anfang an mit dem Weinbau verbunden. Die Fässer wurden in dem über 1000 Jahre alten großen Gewölbekeller gelagert, der sich unter der heutigen Grundschule befindet. Um 1350 kam Weingarten zur Kurpfalz, das ehemalige Klostergebäude und der Keller wurde kurfürstliche Amtskellerei. Im Hof befindet sich heute noch ein ehemaliger Brunnen, der zur fürstlichen Brunnenanlage gehörte. Das Kloster wurde Schulhaus und im Jahr 1883 kam ein zweites Stockwerk dazu.
Weingarten war eine Enklave der Kurpfalz, Grombach und Jöhlingen gehörten dagegen zum Bistum Speyer und da die Dörfer die Religion nicht selbst bestimmen konnten, wurde Weingarten evangelisch geprägt.
Bürgermeister Eric Bänziger begrüßte die Anwesenden mit den Worten, das heimatkundliches Wissen von Klaus Geggus sei so umfangreich, dass selbst Alteingesessene gelegentlich die Tour begleiteten, um etwas Neues zu erfahren. Dann stellte er Weinkönigin Leonie I. und Prinzessin Leonie vor, die Repräsentantinnen des Weingartener Weines, die die Tour gerne mit begleiten. Der Wein habe Weingarten schon immer mehr Geld eingebracht, als den Nachbarorten, fuhr Geggus fort. Somit galt Weingarten als reicher Marktflecken und zählte im 17. Jahrhundert ungefähr 2.000 Einwohner.
Nach Krieg, Pest, Hungersnot und Brandschatzung wäre Weingarten beinahe ausgestorben
Dann kam der 30-jährige Krieg, gefolgt von Pest und Hungersnot und dem schrecklichen Pfälzer Erbfolgekrieg, in dem der Ort komplett niedergebrannt wurde. Nur 28 Bürger überlebten. Um 1700 wanderten auf Veranlassung des Kurfürsten reformierte Schweizer nach Weingarten ein und halfen aktiv beim Wiederaufbau. Ihre Namen wie Schaufelberger, Breitenstein, Siegrist, Enderle und andere. Im 17. und 18.Jahrhundert entstanden repräsentative Fachwerkhäuser, die heute top saniert noch das Ortsbild prägen.
Die Komplettverdolung des Walzbachs wurde verhindert
Die Gruppe passierte die ehemalige Zwiebackfabrik Lepp und erreichte die Hartmannsbrücke, ab der der Walzbach in der Verdolung verschwindet. 1976 habe der damalige Gemeinderat Vorstellungen einer völlig autogerecht umgebauten Ortsmitte gehabt. Dass es dazu nicht kam, sei der Verdienst des späteren Bürger- und Heimatvereins gewesen, erklärte Geggus. Dann wies er auf die Reihe stattlicher Gebäude entlang der Bundesstraße hin. Es seien alles ehemalige Gasthäuser gewesen, denn Weingarten war bis ins 19. Jahrhundert ein Handelszentrum mit Märkten, Handwerkern und Postkutschenstation. Wo früher im Walzbach die Pferde gewaschen wurden, entstand bei der Kirchplatzsanierung in 2018 eine attraktive Bachbühne bis zum Wasser. Im Angesicht der beiden Kirchen berichtete er, dass Weingarten von 1556 bis 1705 sieben mal die Konfession gewechselt habe, denn die Bürger mussten die Konfession des Kurfürsten annehmen. Vorher war es eine Simultankirche, bis sie zu klein wurde. Dazu entstand die jüdische Synagoge unmittelbar hinter der katholischen Kirche und somit standen drei Kirchen in einer Reihe, was im badischen Raum wohl einmalig sei.
Der Wartturm
Da Weingarten kein Stadtrecht hatte, bekam es auch keine Stadtmauer aber 1589 einen Wartturm zur Beobachtung der beiden Hauptstraßen, heute Landes- und Bundesstraße. Heute ist der Turm eine Außenstelle des Heimatmuseums. Weitere Stationen waren der Goldene Löwen mit Besichtigung des Jugendstil-Festsaals und das Anwesen der Familie Krumes. Die Tour endete bei der Weinmanufaktur, wo Frank Gauss die Teilnehmer mit einem Glas Cremant, einem leckeren Kuchenbuffet und Weingartener Wein begrüßte. Die 10-Mann starke Gesangsgruppe Men in Mood überraschte die Neubürger-Gruppe zusätzlich beim gemütlichen Beisammensein mit ihrem Auftritt unter freiem Himmel. Unter begeistertem Applaus gaben sie gerne eine Zugabe und so klang der Abend bei bestem Septemberwetter gemütlich aus.