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Naturkindergarten feiert Einjähriges
Für das kommende Kindergartenjahr sind noch Plätze frei
Seit einem Jahr besteht der Naturkindergarten im Sohl. Träger ist der Internationale Bund. Der Gemeinderat hatte seinerzeit die Genehmigung zum Start gerne erteilt und das Angebot als willkommene Ergänzung des vorhandenen Kindergartenangebots in Weingarten gesehen. Dass derzeit nur sechs Kinder diesen Kindergarten für Drei- bis Sechsjährige besuchen, sieht Mackiw darin, dass seinerzeit die Erteilung der Baugenehmigung auf sich warten ließ und sich damit die Eröffnung verzögert. Darum seien einige Eltern wieder abgesprungen. Jetzt hat das Erzieherteam um die Leiterin Jessica Mackiw das Einjährige mit einem „Tag der Offenen Tür“ gefeiert und nicht wenige Gäste fanden den Weg in diesen hintersten Winkel des Weilers. Herzstück des Areals, das sich hinter dem Bauernhof Sohl Nr. 4 ins Feld erstreckt, ist ein Bauwagen, den Jessica Mackiw mit ihrem Lebensgefährten selbst gezimmert hat. Er dient den Kindern als Essplatz, als Zuflucht, wenn das Wetter nicht mitspielt und als Aufbewahrungsort für Spielsachen, die für draußen nicht tauglich sind. Ansonsten halten sich die Kinder im Freien auf. „Die Natur ist ein guter Erzieher“, sagt Jessica Mackiw, „ich halte es nicht für vertretbar, hauptsächlich in geschlossenen Räumen mit Kindern zu arbeiten.“ Andrea Riedel, staatlich anerkannte Erzieherin und Waldpädgogin, gewährte der Turmberg-Rundschau am „Tag der Offenen Tür“ sehr authentisch, unterstützt von vielen Fotos, Einblick in einen Kindergartentag in der Natur: Die Kinder treffen zwischen 8 und 9 Uhr ein. Ist das letzte Kind da, beginnt der „Morgenkreis“.
Auf Baumstumpfhockern erzählt jeder, was er erlebt hat und was ihn bewegt. Gemeinsames Singen und Kreisspiele folgen. Danach setzt sich der Tag fort – entweder dreimal pro Woche im Wald oder zweimal auf dem Platz. „Im Wald ist es besonders spannend“, sagt Riedel, „denn der Wald ändert sich ständig, auch je nach Wetter. Ist es feucht, so kommen Schnecken angekrochen. Ist es warm, so summen die Insekten und sammeln sich unter einem Baumstamm oder einem Ast. Aus den Beobachtungen der Kinder leiten wir dann ein Projekt ab. In diesem Tageslauf spiegelt sich der Ansatz des Naturkindergartens, die sogenannte „Reggio-Pädagogik“, wieder. „Die Natur bestimmt den Weg. Die Kinder folgen ihm und wir begleiten sie nur. Wir unterstützen, wenn wir gebraucht werden, aber wir lassen die Kinder selbst entdecken. Entdecken und erforschen steht bei uns im Vordergrund“, betonen die beiden Erzieherinnen. „Sie lernen durch Versuch und Irrtum. Das gilt besonders für Mathematik und Konstruktion. Sie bauen mit Hölzern und erleben auch mal, dass das Bauwerk zusammenstürzt. Das gehört dazu. Der Weg ist das Ziel.“ Zum Naturerlebnis gehören auch das Gärtnern im eigenen Beet, die Verwendung von Wildkräutern und das Kochen mit Gemüse über offenem Feuer. „Wir selbst machen Fortbildungen in diesen Dingen und die Kinder lernen, nicht willkürlich etwas abzureißen, sondern es uns erst zu zeigen. Das gibt Sicherheit und vermittelt Respekt vor der Natur. Das Spielen mit viel Bewegung härtet ab und fördert die Motorik“, sagt Andrea Riedel. „Und es stärkt die Gemeinschaft und den Zusammenhalt“. Wenn es regnet, steht seit kurzem eine Jurte, ein Nomadenzelt, zur Verfügung. Hier ist ein Treffpunkt: trocken und dennoch luftig, schattig und geschützt. Ideal für Rollenspiele, Kreisspiele, Singen, Tanzen und mehr. Ein paar Meter neben dem Bauwagen befindet sich eine Kompostiertoilette, basierend auf Rindenmulch, dem, wie in der Kläranlage, Bakterien für die Zersetzung beigemischt sind und den Inhalt in Gartenerde verwandeln. Zum Händewaschen stehen ein kleines Waschbecken und ein Wasserkanister zur Verfügung, der über eine Fußpumpe bedient wird. „Die Kinder lernen hier auch, mit dem Rohstoff Wasser sparsam umzugehen“, sagen die Erzieherinnen. Auch das ein Baustein zum Konzept: Respekt und Vertrauen gegenüber der Natur.