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Gemeinde Weingarten (Baden)

Rundgang mit singendem Nachwächter

Artikel vom 27.09.2019

„Hört Ihr Leut‘ und lasst Euch sagen, unsere Glock‘ hat zehn geschlagen …“

Zu einem „Rundgang mit dem singenden Nachtwächter“ hatte die Volkshochschule Karlsruhe-Land anlässlich ihres 100. Jubiläums eingeladen und knapp 40 Interessierte durften mitkommen. Angemeldet hatten sich doppelt so viele.

 

Klaus Geggus als singender Nachtwächter

Klaus Geggus vom Bürger- und Heimatverein verkörperte die Figur zwischen Mittelalter und Neuzeit wie kein Zweiter. Er wolle aus dem Leben der Weingartner zu seiner Zeit berichten, erklärte er zu Anfang. Und somit begann der Rundgang beim damaligen Amtskeller unter der heutigen Grundschule, den die Weißenburger Mönche bei der Gründung Weingartens als Weinlager errichtet hatten. Im 15. und 16. Jahrhundert hatte der Weinbau Hochkonjunktur und mehrere Klöster in der Region hatten Weinberge in Weingarten.

 

Interessantes aus der Ortsgeschichte

Geggus berichtete von einer Blütezeit, urkundlich erwähnt in 1617 bei der Weingartener Erneuerung, als 120 Handwerker im Ort arbeiteten, Weingarten ein reicher Marktflecken war und von Handelsstraßen, die vom Wartturm aus bewacht wurden, da es keine Stadtmauer gab. Ein Jahr später brach der 30jährige Krieg aus und damit war alles zu Ende. Das Dorf war zerstört, Pest und Hungersnöte folgten und im Pfälzer Erbfolgekrieg wurde Weingarten niedergebrannt, nur 28 Männer und ihre Familien hatten überlebt. Um 1700 kamen dann Schweizer Einwanderer und bauten das Dorf wieder auf. Mittlerweile war die Gruppe durch die Hirschstraße in der Durlacher Straße angekommen. An dieser Ecke sei der erste Friedhof gewesen, berichtete der Nachtwächter. Nach Überquerung der Bundesstraße ging es über die Kirchstraße zum „Gailbumber“.

 

Der allnächtliche Rundblick vom Lepfuß aus

Von dort aus folgte man dem Bach, der einst fünf Mühlen getrieben hatte bis zu einem schmalen dunklen Weg, der auf den Lepfuß hinauf zum „Alten Friedhof“ führte. Von dort aus habe der Nachtwächter einen guten Rundblick über das Dorf gehabt, berichtete Geggus, und sofort sehen können, ob irgendwo Feuer ausgebrochen sei. Auf diesem Friedhof gebe es einige interessante Gräber. Hier ruhe Christian Walk, Sohn der Handelsfamilie Walk und Erbauer des Walk’schen Hauses. Einige Soldaten aus der Badischen Revolution fanden hier ihre letzte Ruhestätte sowie eine Frau mit drei Töchtern, die alle vier binnen weniger Tage an Typhus gestorben seien, weil sie verdorbenes Wasser aus einem Brunnen getrunken hätten. Die zahlreichen Teilnehmer hörten während des gesamten Rundgangs interessiert zu und genossen still die spannende Atmosphäre. Mit dem zehnten Glockenschlag erhob der Nachtwächter erneut seine Stimme zu einem mahnenden und gottesfürchtigen Lied. Danach endete die hochinteressante Führung im Gewölbekeller unter dem Evangelischen Gemeindehaus. 

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